Welche Kompetenzen im Bereich Personalführung sind von Unternehmerinnen und Unternehmern im Gastgewerbe gefragt? Die Personalführung entsteht durch den direkten Kontakt zwischen der Führungskraft und dem Mitarbeitenden. Ein menschenzentrierter und entwicklungsorientierter Führungsstil stellt Mitarbeitende in den Mittelpunkt der Interaktion, berücksichtigt deren Bedürfnisse, Fähigkeiten und Erwartungshaltungen, bindet sie in Entscheidungsprozesse ein, sorgt für die Potentialentfaltung und für das individuelle Vorankommen im Betätigungsfeld.
Führungskräfte stehen heutzutage vor der Herausforderung, dass sich das Thema Mitarbeiterführung in den letzten Jahren stark gewandelt hat. Verschiedene Einflussfaktoren und Beschleunigungsphänomene sind hierfür maßgeblich und gehen mit tiefgreifenden und langfristigen Veränderungen einher: gesellschaftliche Entwicklungen wie der demographische Wandel, Trends wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit, die Generationenvielfalt am Arbeitsmarkt mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Erwartungshaltungen von Mitarbeitenden an Arbeit, Freizeit und Familie, das Aufbrechen starrer Hierarchien und Strukturen im Betrieb und nicht zuletzt die Corona-Pandemie, die die wirtschaftliche Sicherheit, die Stabilität und das Unternehmenswachstum gehemmt haben. Je nach Unternehmensgröße ist die Unternehmenskultur von unterschiedlichen Werten wie etwa Tradition, Fairness oder Wertschätzung geprägt und steht im Einklang mit den Führungsgrundsätzen. Das Schaffen einer innovativen, kreativen, wertschätzenden, weltoffenen und positiven Arbeitsatmosphäre ist maßgeblich für den Teamgeist, das „Wir-Gefühl“ im Team, und trägt zu einer gesteigerten Motivation der Mitarbeitenden bei. Zudem ist es wichtig, dass Führungskräfte Vorschläge von Mitarbeitenden anhören und diese auch umsetzen. Sie sollten Mitarbeitende aktiv in Veränderungsprozesse miteinbinden und ihnen auch Freiräume im beruflichen Alltag einräumen, um sich weiterzuentwickeln zu können.
Führung aus der Perspektive von Unternehmensinhaberinnen und Unternehmensinhabern ist ein ständiger Prozess, die Entwicklung einer sinnstiftenden Vision, geprägt von der Grundeinstellung der Betriebsinhaberin oder des Betriebsinhabers und besitzt eine klare Zielfokussierung auf die eingeschlagene Richtung.
„Führung bedeutet Entscheider, Coach, Moderatorin, fürsorglicher Unterstützer und Begleiterin sein.“ (Dr. Caroline von Kretschmann)
Eine gute Führungskraft ist sich ihrer Persönlichkeit und Verantwortung bewusst, stellt die richtigen Fragen, kommuniziert effektiv und auf Augenhöhe, kann Mitarbeitende motivieren, erkennt Talente und schafft Rahmenbedingungen, dass sich Mitarbeitende entwickeln sowie ihr ganzen Potenzial im Betrieb entfalten können. Sie ist charakterisiert durch: Abwägen von Risiken, Aufmerksamkeit, Authentizität, Begeisterungsfähigkeit, Diskretion, Disziplin in der Selbstfürsorge, Ego beiseitelegen, Empathie, Ehrlichkeit, Entscheidungsstäke, Engagement, Fairness, Feedback, Fehlerkultur, Flexibilität, Fleiß, Freiräume schaffen, Haltung, Hemdsärmeligkeit, Humor, Impulsgeber, Informationsfluss, Interesse für Mitarbeitende, Intuition, Kommunikation auf Augenhöhe, Kontinuität, Kritikfähigkeit, Kurskorrektur, Leidenschaft, Loyalität, Lernfähigkeit, Mut, Neues auszuprobieren, Neugierde, Offenheit, positive und konstruktive Grundeinstellung, Rationalität, Respekt, Souveränität, Sympathie, Unterstützung, Verlässlichkeit, Vertrauenswürdigkeit, Versprechen einhalten, Vorbildfunktion, Weitblick, Werte, Wertschätzung, Wirksamkeit, Wissbegierde, Zuverlässigkeit.
Gute Führungskräfte zeichnen sich heutzutage neben einer hohen fachlichen Kompetenz vor allem durch soziale Kompetenzen und Menschlichkeit aus. Sie müssen Menschen mögen. Führung ist vor allem Beziehungsarbeit und Verbindung, Kommunikation und Interaktion sowie das Entwickeln von Menschen. Wichtig dabei ist, auch negative Entscheidungen zu treffen und sich von Mitarbeitenden zu trennen, die einen schlechten Einfluss auf das Team haben oder sich mit dem Produkt und den Unternehmenswerten nicht identifizieren können. Sie hemmen die Produktivität des Teams. Zudem müssen Führungskräfte in ihrer Arbeit aufgehen, ihr mit Leidenschaft nachgehen, sie muss sie glücklich machen, denn sie umfasst einen nicht unwesentlichen Teil des Lebens. Andernfalls kann sie zu Herz-Kreislauf-Krankheiten, Depressionen oder auch einem Burnout führen.
Welche Anforderungen stellen Mitarbeitende an eine gute Führungskraft?
Grundlage der Erkenntnisse bildet die Busche-Studie 2023, die 2021 von der Busche Verlagsgesellschaft in Zusammenarbeit mit mir als wissenschaftliche Leiterin von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin initiiert wurde. Die Busche-Studie ist die größte Erhebung im deutschsprachigen Raum zur Ermittlung von Faktoren der Arbeitgeberattraktivität und der Arbeitgeberwahl im Gastgewerbe. Insgesamt haben 2023 mehr als 4.200 Mitarbeitende aus über 350 Betrieben im Gastgewerbe und aus deren Zulieferbetrieben an der Studie teilgenommen und über 750 Rückmeldungen auf die offene Frage „Was ist ein ‚Great Leader‘ im Gastgewerbe für Dich?“ gegeben (Rochnowski 2023). Für mehr als die Hälfte der Mitarbeitenden des Gastgewerbes soll ein „Great Leader“ eine Vorbildfunktion erfüllen, hohe Fachkompetenz besitzen, das Team formen und bilden sowie klare Ziele vorgeben. Gute Führung wird maßgeblich durch die Attribute „(…) vorbildlich, authentisch, fair, gerecht, kritikfähig, empathisch, (…)“ charakterisiert (Rochnowski 2023, S. 23f.).
Eine Führungspersönlichkeit „(…) muss nicht in allen Bereichen die Beste sein, aber Verständnis für die Herausforderung des Teams besitzen“, „(…) jemand, der die Werte des Hauses vorlebt und sich bei der Umsetzung der Mission und Vision nicht scheut, sich die Hände schmutzig zu machen“ und schließlich „ein Visionär, eine Person, die out of the box denkt und mir hilft, neue Wege zu entdecken, um mich zu verbessern.“ (Rochnowski 2023)
Für 15 Prozent der befragten Mitarbeitenden des Gastgewerbes gehört zu einer guten Führungskraft, dass sie bei Personalengpässen und in Peakzeiten „mit anpackt, wenn Unterstützung erforderlich ist“ und sich nicht auf „Hierarchien im Betrieb“ beruft „(…) jemand, der nicht für sich arbeiten lässt, sondern auch mitarbeitet und hilft, wenn man ihn braucht (…).“ (Rochnowski 2023)
Ein weiterer wesentlicher Aspekt für Mitarbeitende der Hotellerie und Gastronomie sind die Soft Skills einer Führungskraft: Sie soll ansprechbar, verständnisvoll, gerecht, kritikfähig, authentisch, zielstrebig, intelligent, strukturiert, loyal, nahbar, achtsam, empathisch, inspirierend sein, auf Augenhöhe kommunizieren, hinter dem Team stehen, Entscheidungen treffen, sich weiterbilden, ein fairer Kollege und schließlich ein Motivator für das Team sein. (Rochnowski 2023)
Was ist das Erfolgsgeheimnis guter Führung? Wie sind die Ziele der Führungskraft und die Bedürfnisse der Geführten in Einklang zu bringen?
Führungskräfte nehmen verschiedene Rollenfunktionen in Unternehmen ein. Vor allem Unternehmensinhaberinnen und Unternehmensinhaber sind mit vielfältigen Kernaufgaben der Unternehmenssteuerung – vielfach auch noch im operativen Tagesgeschäft – eingebunden. Hinzu kommt die komplexe Aufgabe der Mitarbeiterführung. Erfahrung, Werte und die Grundeinstellung prägen die Führungsgrundsätze. Eine erfolgreiche Führungskraft ist vor allem eines, und zwar empathisch und wirksam in ihrem Tun. Sie unterstützt vor allem in organisationsbezogenen Ressourcen wie zum Beispiel dem Kommunikationsfluss, dem mitarbeiterorientiertem Führungsverhalten und der Ausstattung des Arbeitsplatzes sowie personalen Ressourcen zum Wohlbefinden und Stressabbau für den Mitarbeitenden. Wirksame Führungsarbeit ist Beziehungsarbeit, Interaktion und Reaktion.
Quelle: Rochnowski, S. (2023): Was sich Mitarbeitende von gastgewerblichen Betrieben wünschen. Dortmund: Busche (Hrsg.). Nähere Informationen zur Busche-Studie und allen Erkenntnissen sind unter www.busche-studie.de verfügbar.
Über die Autorin:
Auf der kommenden ITB stellt Prof. Dr. Sandra Rochnowski das dritte Buchprojekt des Tourismusstudiengangs der Hochschule für Wirtschaft & Recht Berlin und dem Busche-Verlag vor. Nach „Personalsicherung“ und „Nachhaltigkeit“ gingen die dualen Studierenden, die das Buch gemeinsam mit ihrer Professorin Dr. Sandra Rochnowski und dem Kommunikationsexperten Jan Kronenberger im Rahmen von Projektgruppen von der Recherche bis zum Druck und zur Vermarktung erarbeitet haben, der Frage nach, welches Geheimnis hinter erfolgreicher Führung im Gastgewerbe steckt.
Unter anderem Kochlegende und TV-Koch Pionier Johann Lafer, Sternekoch und Gastronomieberater Thomas Bühner, die Hamburger Sterneköchin Cornelia Poletto oder Haya Molcho, die mittlerweile 13 NENI Restaurants in Europa betreibt, geben spannende Einblicke und wertvolle Tipps für Nachwuchskräfte. Zudem haben die Studierenden die Führungsweisen von Klaus Graf von Moltke, Felix Eichbauer, Thomas Althoff oder Dirk Iserlohe erforscht, die individuelle, konkrete und spannende Einblicke hinter die Kulissen, in ihre Sicht auf Führung, Leadership und Erfolgsstrategien geben.