Künstliche Intelligenz, Smart Hotels & Nachhaltigkeit – Was erwartet die Hotellerie?

Anja Engel Marketing & Communicatons Managerin GreenSign Institut
Anja Engel Marketing & Communicatons Managerin GreenSign Institut
Zukunftsforscher Oliver Leisse im Interview mit Anja Engel (GreenSign Institut).

In einer sich rasant wandelnden Welt steht auch die Hotellerie vor tiefgreifenden Veränderungen. Technologische Fortschritte, veränderte Gästeerwartungen und der dringende Ruf nach Nachhaltigkeit fordern neue Denkansätze und innovative Lösungen. Als GreenSign Institut haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, Hotels auf ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit zu begleiten und zukunftsfähige Strategien zu entwickeln. Dazu vernetzen wir uns mit Partnern und Gleichgesinnten, um ein gemeinsames Know-how und neues Wissen in der Branche zu teilen. In diesem Zusammenhang haben wir den renommierten Zukunftsforscher Oliver Leisse interviewt, um einen Blick auf die kommenden Entwicklungen und Herausforderungen der Hotellerie zu werfen.

 

Lieber Oliver, was kommt deiner Meinung nach auf die Branche zu und was ist zu tun?

 

Ich bin sicher, es bleibt kaum ein Stein auf dem anderen. Wir stehen in fast allen Branchen vor einer großen Disruption. Auch die Hotellerie hat einen Nachholbedarf, denn Innovationen und neue Ansätze sind rar in der Branche. Daher sind wir wenig vorbereitet, denn nun geht es schnell. Der Zukunftsforscher Hermann Kahn hat einmal gesagt, wir können nicht mehr aus der Vergangenheit lernen, wir müssen jetzt aus der Zukunft lernen. Klingt schräg. Er meint, statt nur aus der Vergangenheit zu lernen – also aus dem, was bereits geschehen ist – müssen wir zunehmend antizipativ denken und Szenarien entwickeln, um aus möglichen Zukünften zu lernen. Die können wir, zumindest was die nächsten drei bis fünf Jahre angeht, recht gut erkennen. Da gibt es neue Kundenerwartungen und neue Möglichkeiten, besonders in der Technologie. Eric Schmidt, der ehemalige Google-Chef und Stanford Professor empfiehlt, dass sich Unternehmen überlegen sollten, wie sich die Branche in den kommenden fünf Jahren entwickeln wird und welche Rolle sie in dieser Zukunft spielen wollen. Dann sollte man sich für die nächsten 12 Monate sehr harte Ziele setzen, die man auch konsequent abarbeitet! Ich finde, das ist ein guter Ansatz.

 

Welche großen digitalen Entwicklungen werden in den nächsten Jahren die Hotellerie am stärksten beeinflussen?

 

KI-gestützte Personalisierung: Hotels werden durch künstliche Intelligenz in der Lage sein, Vorlieben der Gäste zu analysieren und maßgeschneiderte Erlebnisse zu schaffen. Was ein älterer Alleinreisender, gut gebildeter Herr erwartet, ist ja nachvollziehbarer. Die KI wird helfen, auswerten, umsetzen. Das reicht von personalisierten Zimmeroptionen bis hin zu individuellen Serviceangeboten.

Robotik & Automatisierung: Roboter übernehmen repetitive Aufgaben wie Gepäcktransport, Zimmerservice oder sogar Rezeptionsdienste, ja das kann man schon jetzt an vielen Beispielen im Netz sehen. Der große Vorteil: Das menschliche Personal kann sich auf persönliche Gästebetreuung konzentrieren und der Fachkräftemangel verliert seinen Schrecken. 

Nachhaltigkeit: Hotels setzen zunehmend auf CO₂-neutrale Energie, eine smarte Energieverwaltung und eine clevere Optimierung von Wasser- und Stromverbrauch. Das hilft, die Kosten zu senken. Nachhaltigkeit gibt dem Gast ein gutes Gefühl. Win-win-win für Umwelt, Management und Gast.

Weitere Innovationen wird eine virtuelle und erweiterte Realität (VR/AR) sein. Hier stehen wir noch am Anfang. Das bekannte Beispiel: Gäste können mithilfe von VR eine Hotelanlage bereits vor der Buchung erkunden oder AR-gestützte Navigation innerhalb des Hotels nutzen, um z. B. das Spa oder das Restaurant schneller zu finden. Aber AR kann auch helfen, den Blick aus dem Fenster zu optimieren (statt Regen – Sonne und eine herrliche Aussicht) oder sogar die Zimmereinrichtung zu verändern. Ok, das wird noch etwas dauern, wurde aber schon umgesetzt.

 

 

 

Wie wird künstliche Intelligenz die Gästeerfahrung in Hotels verändern – von der Buchung bis zum Check-out?

 

Hyperpersonalisierte Buchungserlebnisse: Da stehen wir vor ganz neuen Möglichkeiten, denn die KI analysiert vergangene Reisen, bevorzugte Standorte und Bewertungen, um personalisierte Hotelangebote, individuell abgestimmte Services und passende Preisvorschläge zu liefern. Bei dem älteren Herrn wird die KI womöglich eine passende Ausstellung finden und eine Gruppe von mehreren Hotelgästen zusammenbringen, die diese gemeinsam besuchen. Einschließlich Transport und Dinner am Abend. Der Gast der Zukunft will es einfach haben. 

Automatisierter Check-in & Check-out: Gäste können per Gesichtserkennung oder App einchecken und das Hotel verlassen, ohne an der Rezeption warten zu müssen. Das ist ja auch wirklich überfällig.

Dynamische Preisgestaltung: Hotels setzen in der Zukunft KI-Algorithmen ein, um Preise basierend auf Nachfrage, Wetter, Veranstaltungen oder individuellen Präferenzen in Echtzeit anzupassen. Immer der richtige Preis – für das Management, aber auch für den Gast.

Intelligente Zimmersteuerung: Von der Beleuchtung bis zur Raumtemperatur passt sich alles an die Vorlieben der Gäste an und speichert diese für zukünftige Aufenthalte.

Samsung hatte auf der CES 2025 in Las Vegas das Beispiel, das die Smarte Watch des Gastes die Temperatur während des Schlafes analysiert und wenn die Temperatur zu hoch sein sollte, einen Auftrag an das Thermostat der Heizung oder Klimaanlage weitergibt, so dass der Gast immer bei perfekter Temperatur schläft. Als leidgeprüfter Kämpfer mit den Klimaanlagen von Hotels würde ich das sehr begrüßen.

Predictive Service: Hier ist ein vorausdenkender Service gemeint. Die KI erkennt Bedürfnisse der Gäste im Voraus, z.B. wann jemand Kaffee möchte oder welche Aktivitäten empfohlen werden sollten. (Denke an den älteren Herrn, der sich freut, wenn nachmittags Kaffee und Lieblingsgebäck serviert werden.)

 

Welche Herausforderungen siehst du für kleine und mittelständische Hotels bei der fortschreitenden Digitalisierung?

 

Hohe Investitionskosten: Nicht jeder wird sich moderne Technologien wie Smart Rooms oder KI-gestützte Serviceangebote leisten können. Oft sind hohe Anschaffungskosten nötig, die kleine Hotels schwerer stemmen können. Vielleicht ist hier ein Ansatz, sich bei der Anschaffung zusammen zu tun.

Technologieabhängigkeit von großen Plattformen: Das ist ein Problem, dass wir auch in der Gesundheitsbranche haben. Hotels, die sich stark auf Daten von Apple, Google, Booking.com oder Airbnb verlassen, riskieren, von deren Algorithmen abhängig zu werden. Kein ganz neues Problem, das beschäftigt uns ja schon länger, dennoch haben wir noch keine europäische Lösung gefunden.

Mitarbeiterschulung & Akzeptanz: Die Einführung neuer Technologien kann auf Widerstand stoßen, wenn Mitarbeiter nicht ausreichend geschult werden oder Angst vor Jobverlust haben. Der Kollege Roboter ist erst einmal eine Herausforderung für alle Beteiligten. Macht er aber seine Sache gut, erkennt man die Vorteile. In Asien werden Roboter oft als Freunde betrachtet, in den USA als Helfer und in Europa eher als potenzielle Bedrohung wahrgenommen.

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